Unternehmensbewertung in Zeiten von Corona

31.03.2020
Author wevalue AG

Krisen und Bewertungen haben etwas gemeinsam: Wir wissen nicht, wie sie enden

Diese Kurzversion eines ausführlichen Beitrags, der im Juni 2020 im EXPERT FOCUS erscheinen wird, fasst unsere Überlegungen und Gedanken zu Unternehmensbewertungen während und nach der Corona-Krise zusammen.

Notwendigkeit von Bewertungen

Es besteht auch weiterhin ein grosser Bedarf an Bewertungen: zeitlich gebundene Transaktionen (Squeezeout), hängige Verfahren (Scheidung, Erbfall, Abfindungen) oder buchhalterische und steuerliche Zwecke (Impairments). Zudem werden wir Notverkäufe und Kaufgelegenheiten sehen, die Bewertungsüberlegungen notwendig machen.

Planung: «Harke» statt «Hockey-Stick»

Das Virus ist ein Stresstest für jedes Geschäftsmodell und jede Planung. Vereinfachende Annahmen über die Zukunft sind beliebt: «U»-Tal, «V»-Einschnitt oder «L»- Absturz. Die meisten Unternehmen dürften jedoch eine «Harke» sehen, d.h. sie erleben derzeit einen abrupten Abschwung und hoffen auf eine rasche Erholung nach der Krise. Ob eine Erholung zurück zum Vorkrisenniveau möglich ist, hängt indes von der Unternehmensverfassung ab: Wie steht es um die Margen, Reserven und die Liquidität? Hat die Vorkrisenplanung in Bezug auf Geschäftsmodell, Einnahmen und Ertragskraft, Investitionen, Nettoumlaufvermögen oder Liquidität noch Bestand? Zudem gilt es möglicherweise den Detailplanungszeitraum zu verlängern, bis wieder von einem nachhaltig stabilen Zustand ausgegangen werden kann.

Restwert, Wachstum und Konkurswahrscheinlichkeit

Lehrbücher gehen davon aus, dass Unternehmen eine unbegrenzte Lebensdauer und ein ewiges Wachstum haben. Das Lehrbuch sieht jedoch kein Virus vor, so dass diese Annahmen kritisch zu prüfen sind: Alternativen zur ewigen Rente – Verkauf oder Liquidation – müssen im Restwert modelliert werden. Eine bis in alle Ewigkeit positive Wachstumsrate ist keine Selbstverständlichkeit mehr: Die Berücksichtigung einer Ausfallwahrscheinlichkeit – beispielsweise in Form einer negativen Wachstumsrate – kann notwendig sein.

Kapitalstruktur

Alle auf einer «Peer Group»-basierenden Parameter sind derzeit vom Abschwung der Kapitalmärkte betroffen. Wir empfehlen eine kritische Überprüfung der Marktdaten oder die Verwendung vernünftiger Schätzungen auf Basis eines mehrjährigen historischen Zeitraums oder einer realistischen Finanzierungspolitik. Staatliche Hilfen – Liquiditäts- und/oder Kreditprogramme – sind oft mit Einschränkungen hinsichtlich Dividendenausschüttungen und Investitionen verbunden. Das zukunftsorientierte Finanzmodell muss diesen Umständen Rechnung tragen.

Kapitalkosten

Unserer Ansicht nach verändert Corona die Methodik zur Schätzung der Kapitalkosten nicht grundlegend. Das CAPM wird weiterhin Best Practice sein. Das Virus reiht sich in andere Ereignisse wie die Ölpreisschocks der 1970er Jahre, 9/11 und die Finanzkrise von 2008/09 ein und wird daher – hoffentlich – ein Einzelereignis und kein langfristiger Trend sein. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Corona-Krise mittel- bis langfristig auf die Höhe des risikofreien Zinssatzes oder die Marktrisikoprämie auswirken wird. Die faktische Null-Verzinsung bei den vom Bund gewährten Corona-Notfallkrediten spiegelt nicht das tatsächliche Ausfallrisiko der Unternehmen wider. Daher sollten Fremdkapitalkostenadjustierungen oder die Anwendung eines «Debt Beta» in Betracht gezogen werden.

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