Anerkennung von Bewertungsgutachten aus dem Ausland?
Zu unserem Beitrag «KMU-Bewertung in der DACH-Region» erreichte uns folgende Frage: Ist bei einer rechtlich erforderlichen Bewertung (hier Erbrecht) ein nach ausländischen Bewertungsstandards erstelltes Gutachten (hier der deutsche IDW S1) zur Bewertung eines Schweizer Unternehmens in der Schweiz anzuerkennen?
Zunächst
Eine gesetzliche Regelung gibt es dazu nicht. Es gilt also auch hier, dass der Bewertungszweck die Bewertungsmethode bestimmt. Dies schliesst ausländische Bewertungsstandards und -methoden nicht vorderhand aus. Das Bundesgericht vertritt bekanntermassen einen Methodenpluralismus, der sich aber wohl auf den in der Schweiz üblichen Formenkreis bezieht. Das bedeutet: Dass ein Gutachten dem deutschen IDW S1 oder dem österreichischen KFS/BW1 entspricht, schliesst seine Verwendung allein deswegen nicht aus, belegt aber auch nicht seine Richtigkeit und Zweckmässigkeit für den konkreten Fall. Zu prüfen ist vielmehr, ob die angewendete Methode auch der Schweizer Bewertungslehre und -praxis entspricht.
Besonderheiten IDW S1
Hier sei nur auf – im Vergleich zur Schweizer Fachmitteilung Unternehmensbewertung – einige Besonderheiten des deutschen Bewertungsstandards IDW S1 hingewiesen:
- Der IDW S1 schliesst eine Bewertung ausschliesslich mit Multiplikatoren aus.
- Nach IDW S 1 sind persönliche Steuern grundsätzlich zu berücksichtigen, Ausnahmen sind zulässig.
- Sogenannte «size premia» werden vom IDW S1 – ebenso wie Zu- und Abschläge anderer Art – kategorisch abgelehnt.
Was bedeutet dies nun?
Ein nach ausländischen Standards erstelltes Gutachten ist anzuerkennen, wenn die Bewertung materiell der Schweizer Bewertungslehre und -praxis entspricht. Massstab kann bspw. die aktuelle Fachmitteilung Unternehmensbewertung der EXPERTsuisse sein. Weitere Hinweise zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden bei Unternehmensbewertungen in der DACH-Region finden sich auch im oben erwähnten Beitrag.